Maria Döllmann, Leiterin des TTZ Oschatz, eröffnete die Veranstaltung mit dem Blick auf die Individualität jedes einzelnen Rehabilitationsprozesses, insbesondere im Feld der neurologischen und neuropsychiatrischen Erkrankungen. So differenziert die Bedarfe und Potenziale jeder*s Betroffenen sind, so unterschiedlich ist auch das Tempo, in dem Entwicklung erreicht, Akzeptanz gefördert und eine neue Perspektive erschlossen werden kann.
„Rausholen, was drinsteckt“ als eindrückliches Ziel eines Betroffenen in der Rehabilitation
Im Anschluss gab der Vortrag von Wolfgang Kühne, Leiter der Psychologie an der Asklepios Klinik Schaufling, einen fachlichen Einblick zum Thema Timing und Ausgestaltung von Reha-Prozessen. Nach Schädigungen des Zentralen Nervensystems ist das erste Jahr zwar gemäß den Erfahrungen der klinischen Rehabilitation ein besonders sensibles, in dem oft große Fortschritte erzielt und Fähigkeiten wiederhergestellt werden. Doch gilt es auch danach weiterhin Zeit und Energie zu investieren, um Prozessen der Kompensation und Adaptation genügend Raum zu geben. Dank der Neuroplastizität unseres Gehirns bleibt mit kontinuierlichem, wiederholendem Training und gezielter Stimulation auch längerfristig Entwicklung möglich. Mit vielen Beispielen aus seiner beruflichen Praxis untermalte Herr Kühne sehr anschaulich seine Ausführungen, in denen wir und unsere Gäste auch eigene Erfahrungen in den jeweiligen Wirkungsfeldern wiederfanden.
Deutschlands erster Schlaganfall-Lotse stellt Nachsorgeprogramm vor
In einem zweiten fachlichen Beitrag stellte Uwe Helbig das Projekt SOS-Care des Uni-Klinikums Dresden vor. Gemeinsam mit seinem Team betreut er als Schlaganfall-Lotse Betroffene in einem 1-jährigen Nachsorgeprogramm. Ein besonderes Augenmerk dieser aufsuchenden Patientenarbeit liegt auf der Sekundärprävention. Unter anderem durch ein regelmäßig wiederholtes Depressionsscreening sowie auch Beratung zur Notwendigkeit und Organisation der Medikamenteneinnahme und anderen Maßnahmen der Gesundheitsförderung sollen Risikofaktoren für ein erneutes Ereignis minimiert werden. Erhebungen zur Wirksamkeit derartiger Programme belegen zwar bereits ihren Nutzen, zur Regelversorgung nach Schlaganfall wurden sie dennoch leider bislang nicht.
Gemeinsam mit unseren Gästen und Referenten nutzten wir die Zeit zwischen den Fachbeiträgen zum Austausch und Vernetzen von Angeboten und Strukturen der neurologischen Rehabilitation und Nachsorge. Zudem präsentierten wir die Wanderausstellung „Berühmt und behindert?“ des Vereins Lebendiger leben! e.V. aus Dresden. Diese zeigt auf 24 Portraits Frauen und ihre Geschichte, die mit einer körperlichen oder psychischen Behinderung erfolgreich ihren Weg gingen/ gehen, und zu berühmten Persönlichkeiten in Kunst, Kultur oder Politik wurden.
Abschließend folgten am Nachmittag viele Besucher*innen unserer Einladung, die Räume und Trainingsmöglichkeiten im TTZ in der Lutherstraße zu besichtigen. Auf Rundgängen durch das Haus konnten noch einmal alle Fragen zu unseren Angeboten der neurospezifischen beruflichen und sozialen Teilhabeförderung beantwortet und kleine Einblicke in das alltägliche Geschehen gewonnen werden.