Vom 25. bis 26. Mai 2023 trafen sich im Haus der DGUV ca. 200 Fachleute, Praktiker*innen, Leistungsträger*innen sowie auch Betroffene und Angehörige, um sich über die Belange von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen auszutauschen und Entwicklungen rund um Themen der Teilhabeförderung voranzubringen.
Auch die FAW gGmbH war traditionell mit einem eigenen Stand in der Fachausstellung vertreten, um interessierte Besucher*innen zu den neurospezifischen Angeboten der TagesTrainingsZentren sowie des ambulanten Rehamanagements zu beraten. Darüber hinaus gab es in Vorträgen und Podiumsdiskussionen die Gelegenheit, ein Ohr am aktuellen Diskurs zur neurologischen Nachsorge zu haben und dabei vor allem die Sichtweise der Betroffenen zu berücksichtigen. Besonders eindrücklich wurde dies beim Informationsparcours, in welchem die Fachakteure und Fachakteurinnen per Steckbrief in die Rolle einer*s Betroffenen schlüpften. An 12 Informations- und Diskussionsständen galt es dann, sich mit dieser „neuen Identität“ einen Weg durch das Labyrinth der Nachsorge zu bahnen.
Zugänge in Rehabilitation und Teilhabe optimieren
Dr. Susanne Schaefer, neue Geschäftsführerin der Hannelore-Kohl-Stiftung, formulierte in ihrer Eröffnungsrede als zentrales Ziel ihrer Arbeit, Nachsorge in der Regelversorgung zu verankern. Auch Prof. Dr. Helga Seel betonte vor dem Hintergrund sich stets verbessernder medizinischer Interventionen „Hochleistungsmedizin braucht Hochleistungsrehabilitation.” Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) stelle die Weichen, sei Wegbereiter für eine bestmögliche Teilhabeförderung, wobei den Rehaträgern eine hohe Verantwortung für gelingende Teilhabe zukomme. „Des Einen Pflichten sind des Anderen Rechte”, so hielt die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) in ihrem Vortrag fest.
Einen Anstoß zum Umdenken weg von der Krankheit hin zur Teilhabegefährdung im Alltag gab Prof. Dr. Andreas Zieger vom Neuro-Netzwerk Weser-Ems e.V.: „Ein Reha-Bedarf ergibt sich nicht aus Hauptdiagnosen.” Darin spiegelt sich ein ganzheitlicher Ansatz, den auch die FAW in ihrer Arbeit verfolgt und der in den komplexen Förderbedarfen unserer neurospezifischen Klientel immer wieder zum Tragen kommt.
Schnittstellen definieren und Brücken bauen
In welchem Spannungsfeld sich die Akteure und Akteurinnen und Interessenvertreter*innen befinden, brachte die Podiumsdiskussion am Freitag nochmals zum Ausdruck. Um ein besseres Zusammenwirken der fast 1300 zuständigen Kostenträger*innen in Deutschland sicherzustellen, sei wahrscheinlich eine grundsätzliche Vereinfachung der Sozialgesetzgebung von Nöten. Auch wenn das mittelfristig zwar nicht zu leisten sei, wurden erste greifbarere Ansätze und Ideen festgehalten. Die jeweiligen Leistungsträger*innen selbst sollten in einer Rechtskreis übergreifenden Beratung gestärkt und kompetente Lotsen und Lotsinnen eingesetzt werden um Brücken zu bauen, wo die eigenen Zuständigkeiten enden.
Prof. Dr. Seel von der BAR unterstützte den Ansatz, die unterschiedlichen Träger mögen nicht Abgrenzung sondern Schnittstellen definieren. Sie wünsche sich mehr Mut, vorhandene Spielräume in der Gesetzgebung zu nutzen und gleichzeitig „mehr Pragmatismus in den Dingen“. Zu diesem Zweck arbeitet die BAR an einem gemeinsamen Grundantrag für Rehabilitation und Teilhabeleistungen.
Anspruch und Wirklichkeit in der Nachsorge aus Sicht der Betroffenen und Angehörigen fanden auf dem Kongress ebenfalls Gehör, vertreten auch durch etablierte Selbsthilfeverbände wie den SHV Forum Gehirn e.V . Um sozialpolitische Veränderungen anzuregen, stellte Sebastian Lemme die Resolution der AG Teilhabe zur Stärkung der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen vor. Wir werden gespannt verfolgen, welche Ergebnisse bis zum nächsten Nachsorgekongress im April 2025 erreicht werden.